Mein allererstes Trainingslager überhaupt

…und damit habe ich nicht gelogen, denn vom 20.-22. Juni 2025 lud das Dojo Fudoshin Leipzig, wie jedes Jahr, auf den Rabenberg im Erzgebirge zum Trainingslager ein – und ich war zum ersten Mal dabei.

Als relativ neue Arnis-Schülerin ist so ein Trainingslager mit den vielen anderen Jiu-Jitsu- und Arnis-Schülern halt was anderes, als die mir bis dato nur bekannten Orchesterlager von der Musikschule. Zum Orchesterlager saß man die meiste Zeit auf mehr oder weniger harten Stühlen, studierte die Noten, lernte das Orchesterteamwork und hatte viel mehr mit seinen eigenen Fingern zu kämpfen, welche nicht schnell genug nach dem Takt des Dirigierstabes auf die passende Stelle landen wollten.

Dieses Kapitel schätze ich auch, doch wurde es mal Zeit für einen Tapetenwechsel.

Anstatt der Stühle hatten wir hier eine große Sporthalle mit Judo-Matten in einer Anzahl, die ich so noch nie zu sehen bekam. Dazu wurden noch eine Schwimmhalle und ein Outdoor-Fußballfeld für uns bereitgestellt. Anders als die meisten Jugendherbergen mit den kleinen aber feinen Proberäumen, konnte man hier einen großen Sportkomplex auffinden, was vielen unterschiedlichen Sportarten gleichzeitig Platz verschafft. Das Buffet war dementsprechend ebenfalls groß und vielfältig, sodass ich aufgab, den Wert des vielen Obstes und Gemüses im Kopf zu überschlagen (…so etwas bin ich wirklich nicht gewohnt…). Ähnlich wie beim Studieren der Noten musste man hier genauso den Kopf anstrengen und genau bei den Übungen hinschauen was die Augen, Füße und (diesmal) ganz zuletzt die Hände machen. Selbst kreativ werden ist hier gleichermaßen Motto gewesen, um aus verschiedenen Stellungen unterschiedliche Wege zur Fixierung, zum Wurf oder einer anderen Technik zu finden. Der körperliche Aspekt war im Trainingslager natürlich ein viel umfangreicherer und benötigte im Vergleich wesentlich mehr Körpereinsatz. Trotz dessen durfte Disziplin und Etikette nicht fehlen, nur dass hier der kurze Dirigierstab natürlich ausblieb.

Apropos Stab – hier durften ganz andere Stäbe nicht zu kurz kommen: Zum einen für die Arnis-Schüler im „Stockkampf“, selbst wenn es auch waffenlos funktioniert, zum anderen aber auch für die Jiu-Schüler mit dem Hanbo und weiteren Stöcken. Ein gegenseitiges Erklären, was genau der Unterschied ist, war hier ebenfalls von Nöten. Der Hanbo ist schließlich länger und wird eher als Verlängerung des Armes gesehen, während der klassische philippinische Stock nur einen Arm lang ist und meist in leicht variierenden Winkeln zum Unterarm gehalten wird. So ist im Arnis der Stock das Mittel der Wahl, wo vergleichsweise im Jiu viel eher noch der ganze Körper eingesetzt wird.

Worin alle aufatmen konnten: Große Verletzungen blieben in dieser Trainingslagersaison aus. Selbst die Rollen und Würfe nach dem Mittagessen brachten das gute Essen nicht wieder Retour nach oben, welches doch anfangs leicht befürchtet wurde.

Für eine gute Abwechslung wurde sich auch viel Mühe gegeben. Budo-Hockey auf der Matte mit Gürteln, Capture the Flag, Schwimmen (verbunden mit einem Legorätsel-Teamspiel), und ein Grillabend mit zwei Präsentationen von vielen schönen Fotos aus dem letzten Jahr und des gerade laufenden Trainingslagers waren dabei.

Was ich mir mitgenommen habe?

  1. Sport macht Spaß! – Ich war definitiv keine offenkundige Sportliebhaberin und hatte früher eher Sorge statt Euphorie vor Trainingscamps und Sportplätzen, aber hier ist das wirklich was ganz anderes gewesen.

  2. Die Gruppe macht’s! – Dinge, die ich davor nicht konnte und mit welchen ich eher schlechte Erfahrungen verband, tat ich hier eher nebenbei und es funktionierte ohne Angst im ausreichenden Maße. Schließlich scheint jeder in der Gruppe damit zurecht zu kommen, und der Trainingspartner will ja auch irgendwie mit der Übung fortfahren ;)

  3. Man lernt nicht nur zu „prügeln“, sondern auch „verprügelt“ zu werden! – Natürlich prügeln wir uns nicht, doch im Kampfsport gibt es immer zwei Rollen – einen Angreifer und einen Verteidiger. Auch der Verteidiger hat so einiges zu lernen, wie auch der Angreifer, wenn er über die Schulter zu Boden geworfen wird. Das Vokabular „Verlierer“ gibt es hier demnach gar nicht, was ich wirklich sehr sympathisch finde.

  4. Man lernt nicht nur für den Sport! – Ein sehr einprägender Satz war für mich: „Wer länger kämpft, muss länger leiden.“. Das stimmt! Und dabei geht es nicht einmal um die Wahrscheinlichkeit, ob man verlieren oder gewinnen wird. Ist es nicht oft im Alltag auch so? Wenn man mit etwas überhaupt nicht einverstanden ist, sollte man sich genauso die Frage stellen, ob es sich lohnt (lange?) zu kämpfen. Kurz gesagt: Wieviel Kraftreserven hat man selbst, um die Konter auszuhalten? Wird man die Diskussion lange durchhalten, weiterführen, aufgeben oder sollte man vielleicht von Anfang an lieber still bleiben?

Ich muss sagen, so ein Trainingslager macht wirklich viel Spaß. So bin ich schon gespannt auf das nächste Mal, denn da ist Jubiläum und wir sehen uns ganze 4 Tage. Zwei Auswahltermine stehen schon für den Juni im nächsten Jahr 2026 zum Blocken fest. Dann freue ich mich auf mindestens genauso viele Teilnehmer.

Abschließend hier noch ein großes Dankeschön an alle Lehrmeister und Organisatoren, denn das ist schließlich Ehrenamt, welches definitiv nicht selbstverständlich ist. Vielen herzlichen Dank euch allen!


Jahr
2025
Autor des Textes
Antje
Name des Fotograf
Karsten